von Christian Hinder

1.) Der Forschung ist bekannt, dass sich römische Truppen auf befestigten Wegen also auf Römerstraßen bewegten / marschierten. Wann immer es ging, haben sich die Truppen der sicheren Römerstrassen bedient. Die Römer schufen also zunächst eine Infrastruktur in Form von Römerstrassen an denen sie zunächst ihre Römerlager und Kastelle errichteten und zudem Wasserwege nutzen, alles zur Sicherung, für Nachschub und zum weiteren Vormarsch ihrer Truppen.

Eine außergewöhnliche und ganz besondere Situation finden wir bei Kalkriese vor, die zudem jedweder bekannten militärischen Kriegsführung und Taktik der Römer widerspricht. Wie kann es sein, dass sich dort drei Legionen, also 18.000 Mann zuzüglich Tross von A nach B marschierend und sich auf nicht befestigten Wegen befindend durchs „Nichts“ bei Kalkriese bewegen…?

Ferner, sind sich die Verantwortlichen in Kalkriese überhaupt darüber im Klaren, welch eine logistische Herausforderung es für Roms Militär bedeutet 18.000 Soldaten plus Tross zeitgleich von A nach B aus einem einzigen Lager zum nächsten (Nacht) Lager marschieren zu lassen…?

Das setzt für Kalkriese, die für sich den Anspruch erheben „der Ort des Untergangs des Varus“ zu sein, auf jeden Fall voraus, dass in unmittelbarer Nähe ein Römerlager liegen muss, dass die Ausmaße besitzt drei Legionen zuzüglich Tross aufnehmen zu können.

Wie viele Kilometer kann man seitens der Römer marschierend überhaupt an Einem Tag angesichts solcher Verhältnisse zurücklegen? Mehr als sechs Kilometer können es wohl nicht sein. Wo und wie wurden denn am Ende eines Marschtages die drei Legionen, also 18.000 Mann und der Tross untergebracht…?

Wenn es sich bei Kalkriese um den Ort der Varusschlacht handeln soll… wo ist das nächste Lager für so viele Menschen…?

2.) Am Kalkriesen verläuft der bekannte und durch Herrn Schlüter (früher Grabungsteam Kalkriese) bereits erwähnte seit Urzeiten bestehende „Hellweg zum Sandvorde“. Eine bedeutende West-Ost Verbindung für Handel und Verkehr. Von den Ijsselstädten in den Niederlanden bis nach Minden führend wo er sich dann dem westfälischen Hellweg anschließt.

Ist dieser bedeutende Hellweg zum Sandvorde zur römischen Okkupationszeit ggf. ausgebaut worden zu einer Römerstrasse?

Wenn es sich somit um eine Römerstrasse handeln könnte, waren auf ihr dann nicht regelmäßig Versorgungs- und Nachschubtransporte für die römischen Truppen unterwegs? Ferner römische Truppen aus unterschiedlichen Zeiten auf dem Marsch. Spätestens seit Drusus? Gesichert ist, dass es sich bei dem Hellweg zum Sandvorde um einen Fernweg handelt und es ist mehr als plausibel, dass auf ihm zu unterschiedlichen Zeiten und Epochen verschiedenste Waren befördert worden sind. Wird dort eine Handelskarawane überfallen geraten Dinge in den Boden die wir heute als Funde wieder finden.

Hat man in Kalkriese Untersuchungen an unterschiedlichen Stellen des Hellweges auf eine Römerstrasse vorgenommen? Wie sind die Erkenntnisse?

3.) Woher kamen die drei Legionen des „Varus“ in Kalkriese und wohin wollten diese marschieren?

Wir reden hier von immerhin von 18.000 Soldaten zzgl./plus Tross…. (selbst wenn man zZ in Kalkriese den Versuch unternimmt die Zahl einer Legion runter zu rechnen. Es bleibt ein dickes Brett) Bislang sieht es danach aus, als sei dort in Kalkriese ein UFO gelandet und hätte die drei Legionen incl. Tross an der Stelle abgesetzt…..

Wo befindet sich in der Nähe von Kalkriese ein Römerlager, das geeignet wäre eine solche Anzahl von Menschen aufnehmen zu können?

Bislang ist in Kalkriese auch noch kein Standlager entdeckt worden – aber dafür eine „germanische Wallanlage“

4.) Die freigelegten Wallanlagen in Kalkriese werden bislang als germanisch gedeutet. Sie sollen einem germanischen Hinterhalt gedient haben. Obgleich diese die Merkmale römischer Bauweise aufweisen.

Unter einem Teilstück eines eingestürzten Walls hat man das Skelett eines Maultiers gefunden und eine römische Pionieraxt. Ferner römisches Schanzwerkzeug.

Das Maultier gilt als Last- und Begleittier gerade auch der römischen Pioniere. Die Funde sind ein eindeutiger Hinweis darauf, dass römische Pioniere an der Errichtung eines Walles mit Schanzarbeiten beschäftigt gewesen sein müssen.

Offensichtlich unter großem Druck der anrennenden Germanen stehend, die es geschafft haben müssen den Wall zu reißen, während die römischen Pioniere noch mit den Schanzarbeiten beschäftigt waren. So geriet das Maultier, die Axt und weitere Dinge unter den einstürzenden Wall.

Der Druck auf den Wall durch die Germanen mag auch den unregelmäßigen Bau des Walls erklären. Er entstand unter großem Druck der anrennenden Germanen und in großer Notlage der Römer.

5.) Bislang ist in Kalkriese kein Schlachtkontext zu erkennen der eine solch gewaltige Schlacht wie die Varusschlacht schlüssig erklärt geschweige denn beweißt.

Lediglich scheint auf Grund der Funde ein Zeithorizont ermittelt worden zu sein, indem sich dort ein Ereignis -welcher Art auch immer- ereignet hat.

Die Situation vor Ort in Kalkriese ist wissenschaftlich insgesamt noch völlig ungeklärt und somit ungesichert.

6.) Man beruft sich in Kalkriese auf die „Marschthese“ die der antike Schriftsteller Cassius Dio für die Varusschlacht beschreibt. Und verquickt dann die Schriften des Tacitus und weiterer römischer Schriftsteller je nach Bedarf miteinander und fügt sie von Fall zu Fall ergänzend hinzu. Cassius Dio ist aber der einzige antike Schriftsteller der von einem „langen Marsch des Varus“ berichtet. Alle anderen antiken Quellen beschreiben eine völlig andere Situation.

Sie berichten von einer Schlacht die sich innerhalb eines Römerlagers abgespielt hat. Ein Widerspruch den man in Kalkriese nicht erklären kann. Ferner ist Cassius Dio in der zeitlichen Chronologie der Berichterstatter zeitlich am weitesten von den Ereignissen der Varusschlacht entfernt und gilt in der
Fachwelt als die unsicherste Quelle.

7.) Betrachten wir die römischen Schleuderbleie von Kalkriese. Die Schleuderbleie waren seinerzeit Auslöser für die Grabungen. Schleuderbleie gehören nicht zur Ausrüstung eines Legionärs.

Daraus ergeben sich folgende Fragen:

  • War die XVII., XVIII. oder XIX. Legion zZ der Varusschlacht mit Soldaten bestückt die als Schleuderer bezeichnet werden?
  • Welche Legion/en hatte solche Soldaten in ihren Reihen rekrutiert und im welchem Jahr waren diese römischen Schleuderer an Kämpfen in Germanien beteiligt. Oder handelt es sich bei den Schleuderbleien lediglich um Handelsware die bei Kalkriese verloren gingen?

8.) Die fehlenden germanischen Waffen-Funde in Kalkriese. Betrachtet man die Menge der Militaria Funde insgesamt, so stellt man fest, dass nur ein ganz geringer Teil der Funde germanische Waffenteile sind.

Kalkriese erhebt vehement den Anspruch auf den Ort der Varusschlacht…. Nun denn, womit sollen denn die Germanen vor Ort gegen die Legionen des Varus gekämpft haben… wenn nicht mit Waffen. Wo sind die Überreste von Teilen von Pfeilen, Speeren, Schwertern und sonstiger Ausrüstung der am Kampf beteiligten germanischen Stämme?

Wenn es sich bei Kalkriese um den Ort der Varusschlacht handelt, dann müssen die Germanen ja auch gewusst haben gegen wen sie da kämpfen und wie so ein Legionär ausgerüstet war. So einem Legionär konnte man nicht mit bloßen Händen beikommen.

Auch die Menge an bewaffneten germanischen Kriegern, die es erforderte um gegen drei Legionen erfolgreich bestehen zu können, muss enorm hoch gewesen sein.

Nur – wo sind die germanischen Militaria Funde? Die Hinterlassenschaften einer Schlacht solch gewaltigen Ausmaßes? as proportionale Verhältnis der Funde zueinander passt nicht!

9.) Rettung nach Aliso. Aus den antiken Schriften ist überliefert, dass sich die Überlebenden römischen Truppenteile der Varusschlacht zu einem Lager mit dem Namen Aliso gerettet haben.

Dieses Römerlager wurde von Drusus nach der Schlacht bei Arbalo an der Lippe zur ewigen Mahnung und Erinnerung an eben diese Schlacht (Arbalo) errichtet. Die Entfernung von Kalkriese nach Aliso an die Lippe beträgt mind. 110 Kilometer. Die Route führt durch die Kerngebiete der aufständischen Stämme und in Mittelgebirge mit ihren natürlichen Hindernissen.

Von Kalkriese bis nach Xanten sind es ca 160 Kilometer weit. Es erscheint unlogisch, dass sich die Überlebenden von Kalkriese aus bis nach Aliso an die Lippe durchgeschlagen haben (also gut 110 Kilometer weit), da es bis Xanten nur 50 Kilometer weiter sind. Wir wissen aus den antiken Schriften, dass Aliso im Anschluss an die Varusschlacht von den Germanen vergeblich belagert worden ist und der Ausbruch aus dem Römerlager für die römischen Truppen verlustreich war.

Angesichts der nur 50 Kilometer unterschied zwischen Aliso und Xanten (von Kalkriese aus) werden die Überlebenden ganz sicher die deutlich sichere Lage in Xanten bevorzugt haben.

10.) Im Anschluss an die Schlacht, so berichten die antiken Quellen, wurden unzählige Legionäre, Vorgesetzte und Offiziere in den benachbarten heiligen Hainen auf den Altären der Germanen geopfert, Galgen errichtet, Martergruben gebaut.

Diese Stätten des Grauens und der Gräuel besuchte Germanicus im Jahre 15 um die Gebeine der Gefallenen zu bestatten. Im Übrigen nicht in Knochengruben, sondern zusammengetragen und aufgehäuft zu einem Tumulus.

In Kalkriese fehlt zu allem jede Spur. Nach über 16 Jahren Grabung.

Fazit: Wie kann man angesichts unzähliger offener und ungeklärter Fragen und Situationen in Kalkriese so sicher sein, der Ort der Varusschlacht zu sein. Hobbyforscher, die angesichts solch einer Lage behaupten würden, sie hätten den Ort der Varusschlacht gefunden, würden als unwissenschaftlich bezeichnet und zum Gespött der Amtsforschung verkommen….