von Andreas Otte

Einleitung

Seit dem 30.8.2008 wird auf dem Pass der  „Großen Egge“ bei Horn oberhalb der Externsteine planmäßig ein alter Hohlweg durch eine Gruppe von Freiwilligen freigelegt. Nach einem Tipp von Herrn Tiggelkamp wurde bereits am 16. und 17.4.2005 in einer ersten Voruntersuchung der Felsboden mit Gleisspuren gefunden. Dieser Erfolg führte dazu, dass die planmäßige Freilegung in Angriff genommen wurde. Das Ergebnis der ersten Freilegungsphase übertraf bereits alle Erwartungen.

Grundeigentümer der Geländestelle ist der Landesverband Lippe, das Projekt wird fachlich begleitet von der  LWL-Archäologie für Westfalen-Außenstelle Bielefeld und dem LLM Detmold.

Das Freilegungsteam „Zeitenspringer in Westfalen“ besteht aus Anga Beaufort, Marianne Koch (bis 11/08), Galina Romm, Jan Beaufort, Ewald Ernst, Ludger Funke, Herbert Helmecke und Andreas Otte (bis 05/09). Projektleiter ist Ewald Ernst.

Der folgende Bericht ist kein offizieller Bericht des Freilegungsteams, sondern eine Zusammenstellung von Texten, Bildern, Daten und Aufzeichnungen zum Projekt basierend auf der Mappe zum Pressegespräch vom 29.4.2009 beim Felsenwirt an den Externsteinen.

Fakten zum „Hohlweg Große Egge“

  • liegt auf der Passhöhe (375 m) der Verbindung Horn – Externsteine – Große Egge – Oesterholz – Paderborn

  • erhaltene Länge: ca. 120 m

  • ist ein in den Kalkstein geschlagenes Bauwerk

  • 5 – 6 m hohe, steile Wände im unteren Teil

  • Gleisspuren im Felsboden, Abstand durchgängig 1,4 m

  • speziell eingebrachter „scharfer“ Sand mit Kieselsteinen in den Geleisen

  • bisher ca. 150 Metallfunde (Hufeisenfragmente, Hufnägel, Kopfnägel, Radnägel, undefinierte Wagenbeschlagteile, usw.)

  • bisher kein mit Sicherheit datierbarer Fund

Impressionen

Bestandsaufnahme 2005
Abb.1: Bestandsaufnahme im April 2005 (Ursprungszustand)
Probefreilegung April 2005
Abb. 2: Probefreilegung und Auffindung des Felsbodens
mit Andeutung von Gleisen (April 2005)
1. Freilegungsphase September 2008
Abb. 3a: 1. Freilegungsphase  September 2008
Arbeit
Abb.3b: Freilegung September 2008
Noch viel Arbeit im unteren Bereich, November 2008
Abb. 4: Noch viel Arbeit im unteren Bereich, November 2008
Freigelegtes Teilstück im Mittelteil, November2008
Abb. 5: Freigelegtes Teilstück im Mittelteil, November 2008
Blick in den freigelegten Weg vom Pass aus (April 2008)
Abb. 6: Blick in den freigelegten Weg vom Pass aus (April 2009)
Blick von unten in den Weg (April 2008)
Abb. 7: Blick von unten in den Weg (April 2009)

Geographie und Lage

Der Hohlweg wurde bereits 1979 aufgenommen und wenig später zum Kulturdenkmal erklärt. Er ist in der 1:5000 Deutschlandkarte eingetragen.

Karte 1:5000 von der “Großen Egge”
Abb. 8: Karte 1:5000 von der „Großen Egge“

Der Hohlweg befindet sich auf der direkten Verbindung Horn – Externsteine – Oesterholz – Paderborn. Heute handelt es sich um Wald- und Forstwege, früher muss dieser Wegabschnitt eine viel höhere Bedeutung gehabt haben.

Übersicht
Abb. 9: Ausschnitt Messtischblatt Horn 1:25000

Das Gestein am Pass ist relativ weicher Kalkstein, gelegentlich durchzogen von Streifen härteren Kalksteins.

Aufmaß 2005
Abb. 10: Aufmaßskizze des Weges aus dem April 2005

Erste Beobachtungen

Nach Ausräumung des Schuttes fand sich im gewachsenen Fels auf 120 m eine Geleisespur mit 140 cm Abstand. Diese Spurbreite wird genau eingehalten. Die Rinnen sind im mittleren und unteren Teil des Weges glatt geschliffen. In den Rinnen fand sich ein für die Gegend untypischer „scharfer“ Sand mit runden Kieselsteinen. Sand kommt dort sonst nicht vor und Steine sind üblicherweise scharfkantig. Der Rinnenbelag wirkt künstlich eingebracht zur Erhöhung des Fahrkomforts.

Geleisespur im Innenradius
Abb. 11: Geleisespur im Innenradius

Der Weg weist Spuren von Bearbeitung auf. Entweder ist der Weg komplett in den Fels eingebracht worden oder es wurde eine vorhandene Felsspalte genutzt. In jedem Fall  wurde mit viel Aufwand die Benutzbarkeit dieses Weges her- und sichergestellt.

Geleisespur im Außenradius, Mittelteil
Abb. 12: Geleisespur im Außenradius, Mittelteil

Im oberen Bereich des Weges wurden Reparaturspuren sichtbar. Der Weg ist mit Kalkmörtel vermischtem auswärtigen Schotter teilweise verfüllt worden.

Reparaturstelle im oberen Bereich
Abb. 13: Reparaturstelle im oberen Bereich

Im unteren Bereich des Weges wurde an einem harten Gesteinsbrocken eine glatte senkrechte Fläche freigelegt, die im ca. 80° Winkel vom Weg wegzeigt. Die Fläche weist Spuren eines Mörtels oder von Sinter auf. Die Substanz muss noch untersucht werden. Die Fläche ist möglicherweise der Rest eines frühen Entwässerungskanals, der inzwischen allerdings höher liegt, als die Fahrspuren. Oder es ist ein seitlicher, abgetreppter Zugang zum Hohlweg.

Glatte Fläche im unteren Bereich
Abb. 14: Glatte Fläche im unteren Bereich

Im Mittelteil des Weges finden sich im Innenradius, etwa an der  Stelle der ersten Probefreilegung seitliche Schleifspuren von Wagenrädern.

Seitliche Schleifspuren der Wagenräder
Abb. 15: Seitliche Schleifspuren der Wagenräder

Funde

Bisher (Stand Ende April 2009) wurden über 150 Metallfunde im Hohlweg gemacht. Es handelt sich zum größten Teil um Fragmente von Hufeisen, Radnägel, Kopfnägel und diverse andere Beschlagteil, die Wagen zugeordnet werden können. Keramikfunde, oder datierbare Münzfunde wurden bisher nicht gemacht. Hier eine Auswahl von Funden, jeweils im Zustand nach der ersten Grundreinigung und vor der Restaurierung/Konservierung:

Fundstück
Fundstück
Fundstück
Fundstück
Fundstück
Fundstück
Fundstück
Fundstück
Fundstück
Fundstück
Fundstück
Abb. 16-27: Fundstücke, unrestauriert

Fund einer Römermünze im Hohlweg

Karte und Beiheft in [Hohenschwert 1978] liefern interessante Hinweise zu einer möglichen ersten identifizierbaren Nutzung des Weges. Das Beiheft identifiziert einen roten Kreis als römische Münze. Im Korzus [Korzus 1973] findet sich auf Seite 42 ein Titus Dupondius aus dem Jahre 80 n. Chr. mit folgender Anmerkung:

Fundstück
Abb. 28: Hohenschwert-Karte 1978

Am 17.6.1956 zwischen den Steinen in einem tief eingeschnittenen Hohlweg im Staatsforst Horn gefunden (Mbl. Horn: 192 mm v. W., 156 mm v. N.). Privatbesitz Detmold. – Lipp. Mittlgn. 26, 1957, 8; Fundakten im Lippischen Landesmuseum Detmold; Fundakte MüLKK.

Die Angaben für das Messtischblatt Horn 1:25000 ergeben einen 100% Treffer für den Hohlweg, so dass also hiernach davon auszugehen ist, dass im jetzt freigelegten Hohlweg bereits 1956 eine römische Münze gefunden wurde. In den Lippischen Mitteilungen (1957) ließt sich der Fund so:

20. – 1956. Auf der Großen Egge bildet die alte Paßstraße Horn-Paderborn mehrere 1-2 m tief in den Fels eingeschnittene Hohlwege. In einem dieser – heute totgelegten – Stränge fand Ferdinand Seitz eine römische Münze zwischen den Steinen liegend. Das Stück ist sehr schlecht erhalten, so daß Dr. Berghaus, Münster, den Fund nur mit Vorbehalt dem Kaiser Elagabel (218-222) zuschreiben wollte. FM und FV: Ferdinand Seitz, Detmold (Lipp. LM: LU. 124). [Lipp. M, 1957, Seite 8]

Die Fundakten des Lippischen Landesmuseums ergeben dagegen, zumindest was den Fundort betrifft, ein höchst widersprüchliches Bild. Als Ortsteil ist der Bellenberg angegeben, handschriftlich korrigiert zu „Große Egge“, Landesforst Horn. Als Fundumstand wird „gefunden beim Hohlweg im Wald“ angegeben, nicht „im Hohlweg“. Als Fundplatz sind die Koordinaten 2 mm v. Ost und 123 mm v. Nord auf dem Meßtischblatt Horn angegeben, allerdings gestrichen und mit gleicher handschriftlicher Hand zu 185 mm v. West und 156 mm v. Nord korrigiert. Diese Koordinaten wurden dann von dritter Hand in die Koordinaten des 1:5000 Blattes „Große Egge“ der Deutschen Grundkarte umgerechnet. Dieser Ort ist etwa 200 m westlich der Korzus-Angabe in einem Areal, das zwar auch Hohlwegstrukturen aufweist, für welche die Fundbeschreibung „tief eingeschnitten“ jedoch deplatziert sind. Die Münze wurde am 24.7.1956 an Herrn Seitz zurückgegeben, nachdem sie durch Dr. Berghaus bestimmt wurde. Die abweichende Bestimmung zwischen 1956 und 1973 lässt eine Neubestimmung vermuten, wie auch eine korrigierte Verortung.

Einordnung in das umgebende Wegenetz und Umgebungsfunde

Der Hellweg über Paderborn – Horn

Hermann Banasch (1972): Das Bistum Paderborn unter den Bischöfen Rethar und Meinwerk, Paderborn, Seite 6 schreibt:

Banasch
Abb. 29: Banasch 1972

Josef Koch zitiert Banasch 1977 in „Frühe Verkehrsstraßen in der östlichen Westfälischen Bucht“ und stellt im Kapitel 4 „Die Frage nach den Urstraßen“ die Frage: „Wo lag der ‚Paß von Horn‘ ?“

Bei Copei, Fr.: Frühgeschichtliche Straßen der Senne. In: Mannus, Jg. 30, (1938) S. 64-91 findet sich folgende Karte, beachtenswert ist die „Cöllnische Landstr.“:

Copei-Karte
Abb. 30: Senne-Straßenkarte aus Copei

Grabung des Heimatvereins Schlangen-Oesterholz 2006

Grabungsbericht
Abb. 31: LWL Neujahrsgruß  2007
Grabungsbericht Köllner
Abb. 32: Grabungsbericht Köllner

Der kleine Hünenring an der Grotenburg

In Hohenschwert, Friedrich (1978): Ur- und frühgeschichtliche Befestigungsanlagen in Lippe, Lippische Studien, Band 4, Lemgo (+ Karte und Beiheft) findet sich diese Karte nach Hölzermann 1878:

Hünenring
Abb. 33: Der kleine Hünenring

Der Pfeil markiert die Durchfahrtstelle eines uralten Weges durch den Hünenring, dort finden sich Geleisespuren mit einem Abstand von 1,4 m (Hohenschert, Seite 145). Der Ring wird frühmittelalterlich datiert.

Die Hufeisen von Horn

Bei Kanalarbeiten im Jahr 1875 und 1883, ferner bei Wasserleitungsarbeiten 1887 auf der Heerstraße und der Mittelstraße zu Horn sind wiederholt Hufeisen zu Tage gefördert worden, welche vom Herrn Baumeister Jacobi zu Homburg wegen ihrer Ähnlichkeit mit den in der Saalburg gefundenen für römisch erklärt worden sind. [Höfer 1888]

Hufeisen von Horn
Abb. 34: Die Hufeisen von Horn

Hohlwegentstehung und -spurbreiten

Arno Straßmann schreibt in „Hohlwege als historische Landschaftsbestandteile Westfalens“ (Heimatpflege in Westfalen, 17. Jahrgang, Heft 1/2004):

Hohlwegentstehung
Abb. 35: Zitat aus Heimatpflege in Westfalen

Der jetzt freigelegte Hohlweg auf der „Großen Egge“ tritt wohl den Gegenbeweis zur Aussage von Straßmann an, denn die Gleise sind eindeutig mit Absicht in den Fels hineingeschlagen/angebracht worden.

Werner Heinz (2003) Reisewege der Antike, Stuttgart schreibt zur Frage der Spurbreiten von Geleisestraßen:

Spurbreiten
Abb. 36: Geleisespurbreiten

Ähnliche Hohlwege

Geleisestraße des Oberen Hauenstein im Schweizer Baselland
Abb. 37: Geleisestraße des Oberen Hauenstein im Schweizer Baselland
Römerstraße bei Klais
Abb. 38: Römerstraße bei Klais
Bacharach
Abb. 39: Römerstraße Bacharach, Cüppers

Ein erstes Fazit

Sicher bekannt ist nur, dass der Hohlweg ca. 1810 außer Betrieb genommen wurde, als durch Fürstin Pauline zu Lippe ein Umgehungsweg auf einer Rampe angelegt wurde. Wer den Hohlweg gebaut hat und wann ist unbekannt. Die gefundene Römermünze gibt einen Hinweis, auch die Tatsache, dass es sich um ein echtes Straßenbauwerk handelt. Eine definitive Datierung erlauben diese Hinweise jedoch nicht. In jedem Fall ist es eine der eindrucksvollsten Altstraßen Ostwestfalen-Lippes.

Ausblick

Die Freilegung soll fortgesetzt werden. Interessant sind vor allem die beiden derzeitigen Enden, denn im oberen Bereich kreuzt die neu gebaute Straße, im unten Bereich ist es zunächst ein Baum, der mitten auf dem Weg steht.

Nächster Termin: Führungen am Tag der Architektur am letzten Juni Wochenende

Danksagung

Die Freilegung  des Hohlweges wurde unterstützt durch:

Stadt Horn: Friedhofsbagger, Aushubtransport, etc. Herren Block, Bein, Dreikandt, Lohmeier, Schönlau, Hoffmann, Penner, Eichmann, Reker, Gordon.
Freiwillige Feuerwehr Horn-Bad Meinberg: 10 m³ Spülwasser, Herren Lührs, Albert, Haushahn
Kreis Lippe, Katasteramt: GPS-Punkt (Bernd Holzgrewe)
Staatsarchiv Detmold, Dr. Ruppert: Kartenrecherche
Restaurator Detlef Bach, Winterbach: Beratung Eisenfunde
Pit Elbracht, Horn-Bad Meinberg: Traktorhilfe
Dr. Manfred Millhoff, Unna: Überlassung der Metallsonde
PAM, Hürth, Helmut Herrmanns: Grabungshandy
Kutschen Kühnle, Detmold: Geschenk Kutschenräder
Heimatverein Frau Oelers-Albertin: Hufeisen aus Burgmuseum

In 2009 haben bisher zusätzlich mit freigelegt: Rudolf Schmidt, Günther Heinecke, Michael Mitterliner

CPD Bergheim am 17.4.2009: Severin Roden, Phillip Spohr, Dominik Ehlert, Dominick Krücken, Thomas Rahimi, Jan Donner, Alexander Winkler, Sebastian Grulke

Literatur

Banasch, Hermann (1972): Das Bistum Paderborn unter den Bischöfen Rethar und Meinwerk, Paderborn

Copei, Fr. (1938): Frühgeschichtliche Straßen der Senne. In: Mannus, Jg. 30

Cüppers, Heinz (2005): Die Römer in Rheinlandpfalz, Hamburg

Fundberichte (1957): Lippische Mitteilungen, Band 26, Detmold

Heinz, Werner (2003): Reisewege der Antike, Stuttgart

Hohenschwert, Friedrich (1978): Ur- und frühgeschichtliche Befestigungsanlagen in Lippe, Lippische Studien, Band 4, Lemgo (+ Karte und Beiheft)

Klais: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/de/e/e9/Roemerstrasse_bei_Klais.jpg

Koch, Josef (1977): Frühe Verkehrsstraßen in der östlichen Westfälischen Bucht, Paderborn/Neuenbeken

Köllner (2006): Grabungsbericht Kölnische Landstraße

Korzus, Bernard (1973): Die Fundmünzen der römischen Zeit in Deutschland, Abteilung VI, Band 6, Berlin

Neujahrsgruß LWL 2007

Straßmann, Arno (2004): Hohlwege als historische Landschaftsbestandteile Westfalens in: Heimatpflege in Westfalen, 17. Jahrgang, Heft 1